...the older, the better.
Der Hauptvorteil an alten Schuhen ist nunmal ein ganz simpler: Man darf behaupten, dass man Sie schon vor zich Jahren gekauft hat.
Am besten man erbt sie oder bekommt sie im jugendlichen Alter, sodass sie eigentlich zu eng wären aber nun eingetragen sind. "Aber das geht zu weit",...würden Sie sagen.
Mag sein, doch wir schwimmen ja auch nicht mit dem Strom, sondern geben uns frei unseren Gelüsten und Leidenschaften, so argwöhnisch sie klingen mögen, hin.
Anglophile wissen, dass man auf der Pall Mall nur anerkannt wird, wenn man die bespoke suits seines Großvaters (natürlich adeliger Herkunft) und Schuhe, die bereits geflickt wurden an den Füßen trägt.
Man muss es natürlich nicht übertreiben, denn wer kenn schon in Deutschland junge Männer oder Frauen die auf ihre Schuhe, inklusive Löcher, stolz sind. Andernfalls wird man schnell als schwarzes Schaf oder komischer Vogel in eine Schublade gesteckt.
Wenn man sich also mit Abstand objektiv betrachten will und aufrichtig sich selbst gegenüber ist, will man schnell nach dem Ausdruck "dubios" greifen, wenn es um Sympathie für alte, im besten Fall sogar löchrige Schuhe geht. .
Doch ist es das wirklich?
Was führt dazu, dass sartorial Interessiere oder Anglophile z.B. alte Schuhe von Prince Charles (s. Foto) ungewöhnlich reizend finden?
Hier ein Versuch diese Denke zu erklären:
1.
Psychologen würden sagen: "Der will sich unterscheiden, der will "anders" sein."
Da haben sie nicht ganz unrecht, jedoch stellen wir uns nicht auf die Ebene eines Punks, eines "Emos" (übrgs. ein schrecklicher Neologismus der letzten Jahre und eines der seltenen Male, dass ich dieses Wort nutzen werde-aber vlt. bekomme ich so auch Leser aus dieser "Sparte") oder ähnlichen Randkulturen (wertungsfrei), sondern eher auf die Ebene eines Kindes, dass seinen heiß geliebten Turtle-Pullover am liebsten ewig tragen würde.
Es geht also um Liebe für Kleidungsstücke.
Wenn man durch die Straßen der Welt läuft, hat man Glück wenn sich Menschen Mühe mit sich selbst geben. Ihre Wirkung auf die Außenwelt und im speziellen die Mühe die sie sich damit geben, wird häufig als "Oberflächlichkeit" bezeichnet.
Oberflächlich, weil es ja auf den Charakter allein ankommt.
Zugegeben, wenn der Charakter nicht stimmt ist der Rest auch nicht mehr einfach zu kaschieren (außer vlt. bei attraktiven Frauen-"shut up", würde ADG sagen.
Viele Rethorik Gurus, wie Roman Braun mit seinem Bestseller "Rethorik", erschuenen beim Pieper Verlag, behaupten, dass gerade diese von dem Gros als oberflächlich bezeichnete Menschen eben alles andere als dies sind.
Sie erkennen, dass Menschen auf ihre Äußeres reagieren.
Also agieren sie.
Es ist nichts anderes, als ein Versuch sich selbst einen Vorteil zu verschaffen.
In Punkto Sexualität wird so der Partner angelockt und, falls er sich selbst in diesem Kleidungs-Metier beheimatet, beeindruckt und sein Interesse somit geweckt.
Im Beruf stellen Chefs einer Unternehmung häufig intuitiv Menschen "aus der gleichen gesellschaftlichen Schicht" ein. Woran wollen sie erkennen, dass Ihre Sympathie auf den Charakter eines Menschen zurückzuführen ist, wenn sie diesen nur während des Interviews kennenlernen durften.
Gerade für Small Talk und Business Lunches ist es wichtig einen guten Eindruck zu hinterlassen wenn man erfolgreich sein möchte und dies in Rel. Kurzer Zeit. sie werden mir zustimmen, dass dabei jedes Detail von Bedeutung sein kann..
Ich stimme Herrn Braun in manchen seiner Thesen, auch in dieser, zu. Nur was machen, wenn ich herumlaufe wie ein Angestellter vom Chelsea Farmers Club und in einer kleinen Genossenschaftsbank auf dem Land arbeite?
Da kann so etwas natürlich gefährlich sein. Der Chef ist dort sicher eher selten aus einer Schicht, in der Kleidung wichtig oder interessant ist und guckt sie sicher verdutzt an, wenn Sie mit roten Socken oder rosanem Leinen Einstecktuch um die Ecke schlendern.
Da können Sie noch so eloquent über whatever reden.
Daher: Vorsicht! Nicht immer ist selbstbewusstes Auftreten ratsam.
Doch: Wer sich nichts traut kommt auf nicht ans Ziel.
Ein wenig Akzente zu setzen ist oft sogar ratsam.
Hier folgt warum:
Erstens für das Selbstbewusstsein. Wenn man unkonform ist und unangepasst wird man schräg angeguckt. Zumindest denkt man selbst fast immer, dass es so ist und ferner, dass es negativer Natur ist.
Dem ist selten so. Häufig ist natürlich in Ländern wie Deutschland vorischt geboten. Hier, wo Zigarettenstummel in parkende Ferrari Cabrios geworfen werden und Eier auf Stadtvillen geworfen werden (le contraire passiert z.B. In den USA-dort wird geklatscht wenn man mit einen Sportwagen umherfährt, sofern nicht gerade in der Bronx).
Trotzdem tut es gut wenn man, salopp gesprochen, mit der Zeit lernt sein eigenes Ding zu machen.
Das fängt bei blauen Socken zum blauen Anzug an.
Oder bei einer neuen Art Schuh: Tassel Loafer oder Monkstraps.
Einer Krawatte mit Pferdemotiven o.ä....
Die Reaktionen zu ertragen stärkt und gibt einem, nach der ersten Uniformitäts-Abweichung-grade im Berufsleben(für alle Banker und Anzugträger)-einen Schub, evtl. noch weiter zu gehen.
Einmal eine Grenze überwunden, ist die nächste nicht mehr fern.
Ich kann dies nur empfehlen!
2.
Denkt an die Umwelt.
Das ist kein Scherz!
Prince Charles selbst hat ökologische Städte (eco Villages), in denen keine Autos Platz haben, gebaut und züchtet Pflanzen und streift mit seinen Tweeds durch Gärten wie sonst was.
Er ist also ziemlich grün.
Ihr könnt mir daher nicht weiß machen, dass ein überzeugter Naturfreund, wie zB er, sich jedes Jahr ein neues Paar Plastik-Guccis made in China kauft.
On how to be green and keen:
Lokale Manufakturen oder besser Herrenausstatter oder Herrenbekleidungsläden (Manufaktur ist auch nur ein Wort der Werbung um den höheren Preis zu rechtfertigen) gehören unterstützt!
Sie haben viele Fixkosten zu decken und meist einen kleineren Umsatz im Gegensatz zu den großen Luxuskonzernen wie LVMH (Louis Vuitton Moet Hennessy) aus Frankreich. Diese produzieren zwar auch oft mit der Hand, aber wo-das will kein Mensch wissen. Und erst recht nicht zu welchen Preisen.
Örtliche Ausstatter haben folgende Vorteile:
Man redet direkt mit dem Hersteller und erfährt eine Geschichte aus der Region, dem Kreis usw.
Es wird keine Luft durch Flug-Verkehr, LKW-Verkehr usw. verpestet sondern vor Ort produziert.
Außerdem sind Menschen aus der Region angestellt und man unterstützt diese.
Wer sich mit seinem Land und seiner Region identifiziert agiert also wie beschrieben.
Das ist natürlich schwer in Deutschland. Wir haben kein Barbour, kein Lobb, keine hunderte Jahre alte Hersteller und Produzenten die von unser alten Monarchie als offizielle Ausstatter gelobt werden und ihr Wappen tragen dürfen.
Wer das mag der fährt nach England.
Das kann ich nur empfehlen. Man kann eben nicht darauf hoffen, dass in Rheda-Wiedenbrück oder Mosbach noch vor Ort gefertigt wird oder alte Marken ihren Sitz haben.
Wer trotzdem so denkt fühlt sich in Kleidung aus England wohl obwohl sie keine Deutsche Geschichte hat. Doch seid sicher, dass sartorial-Interessiere schon vor vielen Jahren Kleidung und alte Hersteller aus England unterstützt haben.
Wenn man die Wahl hat springt man also über seinen Schatten, auch finanziell:
Was ist Ihnen lieber?
a) Ein Paar individuell an Ihren Fuß angepasste Rahmengenähte Schuhe aus feinstem Leder aus den Arcades oder der Savile Row, Jermyn Street aus London, wie John Lobb, Cleverly o.ä.,
-2000,-€
b) ein Paar Crockett & Jones-rahmengenäht und handgefertigt
-400€
c) ein Paar Charles Tyrwhitt (Rahmengenäht etc. s. b) ), als Einsteigermodell und mit schlechtem Ruf in England
-150€
oder
d) ein Paar Lloyd Schuhe für 70€ im Laden um die Ecke (Beispiele aus dem Netz s.u.).
Zugegeben ist a) schneller, höher, weiter und alles was der liebe Gott verboten hat, aber man muss ja nicht direkt, oder bei jedem spontanen Schuhwunsch zu solchen Mitteln greifen.
Die beste Alternative sind sie allemal und unumstritten.
Wer b) wählt läuft für mehrere Jahre sicher und gesund, investiert in ein Familienunternehmen, dass nicht wie Church's mittlerweile zu Prada gehört und ist bei Kennern hoch angesehen. Hoch genug.
C): Die halten gut, habe ich auch welche von. Aber eben nur einige Jahre. Dafür ist die Lederqualität einfach nicht gut genug. Aber was erwartet man für 150€.
Hoppla, das soll nicht arrogant klingen. Das ist aber so, wenn man rahmengenähte Schuhe haben will die nicht in Hast und millionenfach hergestellt wurden.
Trotzdem sehen sie gut aus, auch wenn für Kenner offensichtlich keines der Paare mit dem man sich im fiktiven Drone's bei Bertie Wooster sehen lassen kann.
D). Bitte vermeiden Sie solche Schuhe.
Ich meine es muss ja Menschen geben, die solche Schuhe tragen, damit nicht alles gleich ist, aber:
-ist schlecht für die Füße
-subjetiv unfassbar hässlich
-geklebte Sohle
-Kunstleder oder dünnes Leder
-Firmen nutzen Leder von Tieren die günstig eingekauft werden, sprich wenig Restlebensqualität haben
-günstige Arbeitskräfte=schlechte Arbeitsbedingungen
Weiter oben benannte finanzielle Hemmnisse bzgl. Des Kaufs gibt es oft, but note that...:
einmal investiert die Schuhe ca. folgende Laufzeiten bezogen auf Haltbarkeit haben:
a) unter guter Pflege ewig (20-40 Jahre)
b) 10-20 Jahre
c) 5-10 Jahre
d) max. 2 Jahre
(unter der Voraussetzung, dass max. 4 Mal pro Woche getragen)
Also, einmal tief in die Tasche greifen, dafür aber langfristig weniger ausgeben macht schon Sinn.
Rechnung:
20 Jahre; 3 verschiedene Paar Schuhe im Durchschnitt p:
a,b) 400€ für 3 Schuhe die 20 Jahre halten. Nach 10 Jahren werden 3 weitere dazugekauft.
= 2.400€
d) 70€ *3 = 210,- p.a. Halten max. 2 Jahre. in 20 Jahren also 10 mal neue Schuhe kaufen.
2.100€ (exkl. Inflation ;-) ).
Am Ende habe ich also bei a) und b) 6 Paar Schuhe hoher Qualität die sogar richtig schön alt sind (Patina inklusive) und noch lange halten sowie eine Geschichte erzählen können.
Bei d) habe ich Tage damit verbracht meine 30 Paar Schuhe zu kaufen und mich durch überfüllte Einkaufzentren gedrängt. Dazu habe ich zwischendrin 1-2 Mal einen richtig tollen Schuh dabei, der aber leider nicht ewig hält und den ich dann wieder wegwerfen musste.
Gespart habe ich für meine 3 Schuhe, die ich im Ende habe nur 300€ und hatte jedes Mal nur Lloyds o.ä. an den Füßen. Fehlende Anerkennung von Menschen die auf sowas achten inklusive und viel wichtiger konnte man sich nicht freuen/stolz sein auf sein erworbenes Schuhwerk.
PS: Da sind wir wieder beim Thema "Oberflächlichkeit".
Solche Menschen achten zB auch auf gepflegte Fingernägel und gute Uhren.
..dazu später mehr.
Wie Sie im Endeffekt entscheiden ist Ihre Sache. Ich möchte nur Beispiele aufzeigen und meine subjektive Meinung loswerden;-)
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Die Geschichte geht morgen weiter mit dem Thema "Angeberei und Offensichtlickeit von Marken".
Not in need for a true Gentleman.
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